Einleitung 5
Kapitel I. Zur theoretischen Begrundung des Konzeptes „Erinnerungsorte“ und dessen Einsatzes im diskursiven Landeskundeunterricht: Grundlagen und Grundbegriffe 10
1. Aktueller F orschungsstand: DaF/ DaZ 10
2. Zum Begriff Landeskunde 11
2.1 Landeskunde im Fremdspachenunterricht 12
2.2 Landeskunde im DaF -Unterricht 13
2.3 Diskursive Landeskunde 15
3. Zum Begriff „Erinnerungsort“ zwischen „kollektivem“ und „kulturellem Gedachtnis“ 17
3.1 Kollektives und individuelles Gedachtnis 17
3.2 Historisches Gedachtnis 20
3.3 Kulturelles Gedachtnis 22
3.4 Pierre Nora „Les Lieux de memoire“ 24
3.5 Wissenschaftliche Beschaltigung mit dem Konzept „Erinnerungsorte“ in Deutschland 26
3.6 „Erinnerungsorte“ im DaF -Unterricht 27
Fazit zum Kapitel 1 29
Kapitel II. Realisierung des Konzeptes „Erinnerungsorte“ im aktuellen DaF-Unterricht 31
1. Analyse des Lehrbuchs „Aspekte neu. B1 plus“ 31
2. Analyse des Kursbuchs „Schritte international neu. B1.2“ 36
3. Analyse des Kursbuchs „Menschen. B1.2“ 39
4. Analyse des Lehrbuchs „Aspekte neu. B2“ 45
5. Analyse des Lehrbuchs „Erkundungen. B2“ 51
6. Didaktisierungsvorschlage: Entwicklung von landeskundlichen Modulen unter Berucksichtig des diskursiven Ansatzes 54
6.1 Stadtportrat Berlin 54
6.2 Spaziergange durch Berlin 69
6.3 Das literarische Berlin 73
Fazit zum Kapitel II 77
Zusammenfassung 82
Literaturverzeichnis 85
Quellen und Worterbucher 89
Anhang № 1. Stadtteilportrat Berlin 92
Anhang № 2. Heinrich Zille 95
Anhang № 3. Unterrichtsskizze 98
Anhang № 4. Auszuge aus Lehrbuchern 100
Der Begriff Erinnerungsort (lieu de memoire) wurde von dem franzosischen Wissenschaftler Pierre Nora in den fruhen 1980er Jahren eingefuhrt und bezeichnet einen historisch und kulturell bedeutsamen Ort, der im kollektiven Gedachtnis einer Gesellschaft bewahrt wird. Erinnerungsorte sind Bezugspunkte, die den Menschen helfen, mit der Vergangenheit in Kontakt zu bleiben. Sie spiegeln kulturell und historisch bedeutsame Ereignisse wider, die in einer bestimmten Gesellschaft stattgefunden haben.
Da die Erinnerungsorte je nach Nation und Kultur unterschiedlich sind, ist es wichtig, dieses Thema in den Fremdsprachenunterricht aufzunehmen, um den Horizont und die interkulturelle Kompetenz der Schuler zu erweitern.
An der Stelle ist es wichtig zu betonen, dass das Konzept Erinnerungsorte in den letzten Jahren fur fremdsprachendidaktische Uberlegungen fruchtbar gemacht wurde. Im Mittelpunkt der Diskussionen war dabei die Frage, was eine zeitgemaBe Zielsetzung fur das kulturbezogene Lernen ist. Anders als in der traditionellen ,Landeskunde‘ geht es nicht mehr nur um die Vermittlung von demografischen Besonderheiten, Fakten zur Geschichte eines Landes etc. Aktuellen Uberlegungen zum kulturbezogenen Lernen liegt ein Verstandnis von ,Kultur‘ als ,diskursiver Praxis‘ einer Gruppe von Menschen zugrunde, die sich am Diskurs beteiligen [s. ausfuhrlich Seyfarth, Jesan, Kovtunova 2021: 136].
Die diskursive Landeskunde und der diskursive Ansatz im Fremdsprachenunterricht entwickeln sich allmahlich. Die diskursive Landeskunde befasst sich mit den gegenwartigen und historischen Diskursen sowie sprachlichen Mitteln bzw. Inhalten, die von den Kulturtragern verwendet bzw. diskutiert werden, wenn sie uber bestimmte Ereignisse und Phanomene sprechen. Die Wissenschaftler betonen, dass Diskursfahigkeit eines der wichtigsten Lernziele fur kulturbezogenes Lernen ist. Die Lernenden mussen dazu fahig sein, an Bedeutungskonstruktionen in der Fremdsprache mitzuwirken.
Russischsprachige Untersuchungen und methodische-didaktische Arbeiten zu diesem Themenfeld in der Landeskunde bzw. im DaF-Unterricht kommen nur vereinzelt vor.
Daher befasst sich die vorliegende Masterarbeit mit der Vermittlung von Erinnerungsorten aus der Perspektive der diskursiven Landeskunde im DaF- Unterricht.
Die Aktualitat dieser Forschungsarbeit besteht vor allem darin, dass das Konzept der Erinnerungsorte und der diskursive Ansatz derzeit nur sehr beschrankt untersucht werden. Somit leistet die vorliegende Masterarbeit einen Beitrag zur Etablierung des Konzeptes Erinnerungsorte vor allem im schulischen, aber auch im universitaren Landeskundeunterricht, wobei die erstellten Unterrichtsmaterialien in den Sprachkursen fur eine breitere Zielgruppe der Deutschlernenden eingesetzt werden konnen. Beim Konzipieren der landeskundlichen Module wird der diskursive Ansatz in den Fokus geruckt.
Die Notwendigkeit der Vermittlung von Erinnerungsorten im DaF -Unterricht, ergibt sich aus der Tatsache, dass Erinnerungsorte einen wichtigen Aspekt der Kultur der Zielsprache darstellen, mit dem sich die Schuler beim Erlernen der deutschen Sprache vertraut machen sollten. Im Rahmen der Untersuchung wird die Hypothese aufgestellt, dass das Themenfeld „Erinnerungsorte“ in den aktuellen DaF-Lehrwerken unzureichend prasentiert bzw. thematisiert wird.
Die vorliegende Arbeit setzt es sich zum Ziel, eine theoretische und praxisorientierte Untersuchung vom Phanomen Erinnerungsorte im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs anzubieten und den Einsatz des Konzeptes am Beispiel der DaF-Lehrwerke zu prufen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem diskursiven Ansatz in der Landeskunde. Im Rahmen der Arbeit stellen sich die folgenden Aufgaben:
1. Analyse und Uberblick uber aktuelle Forschungsliteratur zu den Themen Erinnerungsorte und diskursive Landeskunde;
2. Untersuchung verschiedener relevanter landeskundlichen Ansatze;
3. Systematisierung der Ergebnisse der bisherigen Forschung in diesen Bereichen;
4. Analyse der Darstellung von Erinnerungsorten in aktuellen DaF- Lehrwerken;
5. Erarbeitung der Module, die Ubungen, Arbeitsblatter, Literaturtipps beinhalten, welche vor allem die russischsprachigen Lehrkrafte als Unterrichtsmaterialien im diskursiv orientierten Landeskundeunterricht bzw. als Erganzung zu einer x-beliebigen Lerneinheit einsetzen konnen...
In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, wie das Konzept der Erinnerungsorte entstanden ist und sich im Bereich der Methodik und des Unterrichts von Deutsch als Fremdsprache entwickelt hat. Das Thema wird im internationalen wissenschaftlichen Diskurs unter interdisziplinaren Aspekten betrachtet. Dieses in Frankreich von P. Nora gepragte Konzept fand weite Verbreitung und spiegelte sich in zahlreichen Werken deutscher Wissenschaftler wider. Die wichtigsten Beitrage zur Entwicklung der deutschen Erinnerungsorte wurden von den deutschen Wissenschaftlern E. Francois und H. Schulze geleistet, die im Jahr 2001 eine dreibandige Studie uber deutsche Erinnerungsorte veroffentlicht haben. Inzwischen hat sich dieses Konzept im DaF-Unterricht durchgesetzt. Viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, deren Meinungen wir im theoretischen Kapitel prasentiert haben, halten es fur zeitgemaB, dieses Konzept in den DaF-Unterricht miteinzubeziehen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden Module entwickelt, die sich mit den Berliner Erinnerungsorten auseinandersetzen. Beim Konzipieren von Modulen und der Erstellung von interaktiven Ubungen wurden der diskursive Ansatz und E-Learning-Content Formate berucksichtigt.
Im ersten Kapitel wurden solche Begriffe wie Deutsch als Fremdsprache (DaF) und Deutsch als Zweitsprache (DaZ) untersucht. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass sich diese Begriffe durch ihren Lernkontext unterscheiden. Deutsch als Fremdsprache wird also auBerhalb des sprachlichen Umfelds gelernt und Deutsch als Zweitsprache lernt man in einer Sprachumgebung. In dieser Arbeit haben wir uns fur den Begriff Deutsch als Fremdsprache (DaF) entschieden, da der Deutschunterricht vor allem fur russischsprachige Schulerinnen und Schuler bzw. russischsprachige Studentinnen und Studenten gedacht ist.
Die Landeskunde spielt eine wichtige Rolle beim DaF-Unterricht, einschlieBlich der deutschen Sprache, da die Schuler durch die landerspezifische Information die Realien und Besonderheiten der Kultur der gelernten Sprache kennenlernen, wodurch sie sich schneller und ohne kulturellen Schock in einer fremdsprachigen Umgebung zurechtfinden konnen. So wurden vier Ansatze entwickelt, um landeskundliche Themen zu unterrichten.
Der kognitive Ansatz besteht darin, die Schuler mit Fakten, Ereignissen und Personlichkeiten aus der Geschichte und Kultur der zu lernenden Sprache bekannt zu machen. Der kommunikative Ansatz ist ein Ansatz, bei dem der Schwerpunkt auf Kommunikation mit dem Vertreter der zu lernenden Sprache liegt. Der interkulturelle Ansatz ist ein Ansatz, bei dem die Lernenden erkennen, dass sie mit einem Vertreter einer anderen Kultur kommunizieren, daher liegt der Schwerpunkt bei diesem Ansatz auf der Entwicklung interkultureller Kompetenzen. Der diskursive Ansatz ist am neusten und aktuellsten, da es darum geht, aktuelle Diskurse und offentliche Diskussionen besser zu verstehen und daran teilnehmen zu konnen.
Wir haben uns auch das Konzept von Erinnerungsorten genauer angesehen und festgestellt, dass dieses Thema mit Begriffen kulturelles, kollektives und historisches Gedachtnis zusammenhangt. Sie beziehen sich wiederum auf das Konzept von memory studies. Dank des kollektiven Gedachtnisses, das sowohl kulturelles als auch historisches Gedachtnis umfasst, bleiben die Erinnerungsorte im Bewusstsein der Vertreter einer Kultur erhalten und sind Stutzpunkte, die die Gegenwart mit der Vergangenheit verbinden.
Im zweiten Kapitel haben wir die Lehrbucher fur Deutsch als Fremdsprache analysiert und wir sind zu der Schlussfolgerung gekommen, dass bei der Untersuchung von Erinnerungsorten landeskundliche Ansatze wie der kognitiv- kommunikative und interkulturelle Ansatz verwendet werden. Besonders relevant ist jedoch der diskursive Ansatz fur die Vermittlung von Erinnerungsorten. So werden die Schuler mit den aktuellen Diskursen und sprachlichen Mitteln vertraut gemacht, die von Muttersprachlern zum Thema Erinnerungsorte verwendet werden. AuBerdem umfasst der diskursive Ansatz alle drei Ansatze, da in allen Aufgabenstellungen aktuelle Diskurse verwendet werden. Auf diese Art und Weise werden die Schuler beim Lesen von Texten mit aktuellen Diskursen vertraut und bauen ihren Wortschatz zum Thema auf. Bei Wortschatzaufgaben, dem Vergleich von Bildern und Fakten, der chronologischen Verkettung, der Zuordnung von Daten zu Ereignissen eignen sich Schulerinnen und Schuler auch relevante Diskurse zu landerspezifischen Themen und Erinnerungsorten an, die sie dann beim Sprechen verwenden konnen. Bei der Bearbeitung der kommunikativen Aufgaben verwenden die Schuler auch aktuelle Diskurse und sprachliche Mittel, die sie zum Thema Erinnerungsorte gelernt haben...
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